Einmal Montreal und zurück
Ende Oktober flatterte die E-Mail ins Postfach: "ConFoo Montreal 2024: You are presenting". Ich wurde als Sprecher zu einer der größten Web Development Konferenzen in Nordamerika eingeladen. Damit hatte ich nach dem Konferenz-reichen Jahr 2023 nicht mehr gerechnet.
Von meinen vier eingereichten Vorträgen wurden zwei angenommen. Ich hatte diese Vorträge schon in Deutschland gehalten und durfte sie nun aktualisiert einem weltweiten Publikum präsentieren. Ich war damit einer von 102 Sprechern welche zusammen 171 Vorträge in Englisch und Französisch gehalten haben. Dem weitgehend nordamerikanischen Publikum von 700 Gästen wurden so das Neueste in Sachen Software Entwicklung, Web Technologie, Programmiersprachen und Künstliche Intelligenz anschaulich vermittelt.
Die ConFoo entstand aus der PHP Usergroup Quebec und findet seit 2003 jährlich statt, und so auch dieses Jahr vom 21. Februar bis zum 23. Februar im Hotel Bonaventure in Montreal. Ich kam am Sonntag davor im verschneiten Montreal bei frostigen -10 Grad Celsius an.
Was an Montreal schnell auffällt, ist, dass die Stadt zwar aussieht wie eine typische nordamerikanische Stadt, aber eben alles französisch ist. Alle Straßennamen, alle Schaufenster und alle Schilder sind in Französisch gehalten und man wird auch immer erstmal französisch angesprochen. Für jene wie mich, die in der Schule an der Stelle nicht ganz so gut aufgepasst haben, wechseln die Montrealer aber gerne in ein akzentfreies Englisch um, sobald man in Englisch antwortet.
Eines der Merkmale der Innenstadt von Montreal ist dabei, dass viele der Gebäude, Bahnhöfe und Einkaufszentren durch unterirdische Gänge und Einkaufspassagen verbunden sind, so dass man in einem klimatisierten Umfeld einfach von A nach B kommen kann, ohne sich der beißenden Kälte im Winter oder der Hitze im Sommer aussetzen muss. Dadurch kann man gemütlich auch im Winter im Sonnenschein und mit tropischen Pflanzen seinen Kaffee genießen.
Das Hotel Bonaventure ist dafür bekannt, dass es sich im 10. Stock eines Hochhauses befindet, mit ganzjährigem Pool im Freien und angeschlossenem Konferenzzentrum, sowie einem Restaurant und Hotelbar, welche beide rege Benutzung auch durch die Konferenzteilnehmer und Sprecher gefunden haben.
Die Sprecher aus 14 Ländern konnten sich am Abend vor der Konferenz bei einem netten Abendessen kennenlernen und schon einmal sich fachsimpelnd austauschen. Dabei lernte ich Menschen kennen, die bei den ganz großen wie Google und Microsoft arbeiten, aber auch Spezialisten aus anderen namhaften Unternehmen aus der Branche, sowie bekannte Größen aus der OpenSource Community. Das Thema KI war allgegenwärtig, aber auch die Entlassungswelle in den USA und Kanada, die sich 2023 schon abzeichnete.
Meinen ersten Vortrag hatte ich dann auch gleich am ersten Tag der Konferenz, in welchem ich darüber referierte, wie man Inhalte in PHP Applikationen verschlüsseln und sicher speichern kann. Zwar musste ich mit 10 anderen Vorträgen konkurrieren, aber mein kleiner Vorlesungssaal hatte sich doch gut gefüllt, und auch das schriftliche und mündliche Feedback meiner Zuhörer war positiv.
Natürlich habe ich mich auch weitergebildet, vor allem was die Neuerungen in Sachen Security angeht - wir werden bald ohne Passwörter auskommen können! - und was man mit der KI und deren Modellen so alles anstellen kann. Auch Accessibility und moderne Entwicklungsmethoden sind in der Westlichen Hemisphäre wie bei uns immer aktuelle Themen. Das Programm war voll und man musste sich schon genau aussuchen, was man sich anhören will.
Am nächsten Tag hatte ich dann direkt nach der Keynote meinen zweiten Vortrag, in welchem ich 'mal kurz' einen interaktiven Chat zusammen mit meinen Zuhörern baute, welchen man dann direkt auch ausprobieren konnte. Auch hier hatten wir angeregte Diskussionen und Fragen und auch wieder ein sehr positives Feedback. Danach konnte ich mich ganz auf die anderen Talks konzentrieren. Was dabei auffiel, ist, dass Java und C# in Nordamerika ein sehr viel größeres Gewicht als im PHP-zentrischen Europa hat, was die ganzen Vorträge wesentlich diversifizierter gestaltete.
Am Abend des 2. Tages fand der Social Evening statt, gesponsert von den verschiedenen Sponsoren der Konferenz, allesamt Entwicklungshäuser und Telekommunikationsunternehmen aus Montreal und dem weiteren Umland. Neben Putin, einer Montrealer Spezialität aus Bratensoße, Käse und Pommes Frites gab es Bier und Cocktails, sowie verschiedene Spielautomaten, einen Pokertisch, und der Tischkickervariante für Kanadier mit dem Nationalsport Hockey zur Unterhaltung. Und natürlich weitere lange Gespräche und Fachsimpeleien.
Der Freitag gestaltete sich etwas ruhiger, und wie so oft bei solchen Konferenzen gab es auch hier einen gewissen Schwund an Teilnehmern nach dem geselligen Vorabend. Da ich selbst keine Verpflichtungen mehr hatte an diesem Tag konnte ich noch ein wenig Netzwerken und weitere interessante Vorträge ansehen.
Der Samstag hielt dann noch eine kleine Überraschung parat, Yann Larivee - der Organisator der ConFoo - hatte die noch verbliebenden Sprecher zum Sugar Shack eingeladen. Ein Sugar Shack ist genau genommen die Hütte, in welcher das zuckrige Wasser der Ahornbäume zum berühmten Ahornsirup verkocht wird. Zu solch einem Ort sind wir dann ins Hinterland gefahren. Es gab dort natürlich auch eine Blockhütte mit Souvenirs und ein Restaurant in welchem man mit Speck, Eierstich, Meatpie und natürlich Ahornsirup bedient wurde und sich bei französisch-kanadischer Volksmusik - live auf der Fiddel - sattessen konnte.
Der Abend klang dann an der Hotelbar aus, wo sich die restlichen Teilnehmer gefunden haben und die letzten Diskussionen, Verabschiedungen und 'bis nächstes Jahr' ausgetauscht wurden. Der Sonntag war für mich dann auch der Tag der Abreise zurück in das nicht ganz so kalte Deutschland... und rein in den Jetlag, den ich nicht so einfach abstreifen konnte. Es war eine tolle Reise und eine spannende Konferenz mit vielen neuen Eindrücken und Erfahrungen!